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Urbane Mensch-Natur Resonanz für eine Nachhaltigkeitstransformation

URBNANCE Blog

Natur auf Augenhöhe begegnen – ein explorativer Spaziergang durch die Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran


Wer kennt das nicht? Es ist ein lauer Sommerabend, man trifft zufällig ein paar alte Freund*innen und versumpft bis in den Morgenstunden bei spannenden Gesprächen. Dieser spontane Abend und die Begegnungen fühlten sich leicht und belebend an. An einem anderen Abend, es spielt die Lieblingsband und obwohl man sich schon seit Monaten auf das Konzert freut, will der Funken nicht so recht überspringen. Die Menschenmassen nerven, die Musik ist zu laut und sogar der Lieblingssong berührt einen nicht. Ob eine Party lustig wird oder uns ein Gespräch inspiriert, lässt sich kaum erzwingen. Diese alltäglichen Phänomene lassen sich durch die Resonanz-Theorie von Hartmut Rosa so deuten, dass Resonanz unverfügbar ist und nicht willentlich forciert werden kann. Wir können aber unsere Beziehungen zur Welt so gestalten, dass Resonanzmomente entstehen können. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass alle in der Beziehung beteiligten Entitäten mit eigener Stimme sprechen können – also auch die Welt ein Stück weit unverfügbar ist. In dem eingangs erwähnten Beispiel könnte dies vielleicht bedeuten, dass ich auf das Konzert meiner Lieblingsband nicht mit der vorgefertigten Erwartung gehe, dass dies der beste Abend meines Lebens wird. Vielmehr lasse ich die Musik, die Konzertbesucher*innen und den Raum einfach auf mich wirken.  Auch könnte es sein, dass, wenn ich vorher in mich hineinhöre, mein Körper sagt, dass er heute lieber einen gemütlichen Abend zuhause präfieren würde. So könnte ich mich von einer anstrengenden Woche erholen, obwohl mein Verstand sagt, ich sollte mein bereits erworbenes Konzertticket einlösen. Ich lasse also das Konzert und dessen Setting oder meinen Körper mit eigener Stimme sprechen.

In unserem Projekt mit Fokus auf Mensch-Natur Beziehungen heißt die Voraussetzung „mit eigener Stimme zu sprechen“, dass wir uns und Natur gleichermaßen eine Stimme geben. Wir sehen uns weder über der Natur stehend noch verschmelzen wir komplett mit ihr. Vielmehr begegnen wir Natur auf Augenhöhe und behandeln sie als eigenständiges, beseeltes Wesen, das genauso das Recht auf ein erfülltes Leben hat wie wir Menschen. Eine solche positive Vision, wie wir unsere Beziehung zur Natur gestalten können, nennen wir Mensch-Natur Partnerschaft. Das Konzept der Mensch-Natur Partnerschaft ist dabei nicht neu. In der Umweltphilosophie gibt es einige theoretischen Abhandlungen, was darunter verstanden werden kann. Im Fokus dabei steht der Grundsatz, dass Mensch und Natur sich als gleichwertige Mitglieder einer Gesellschaft ansehen. Eine Studie aus dem Jahr 2011 fand dabei heraus, dass befragte Menschen aus Westeuropa die Vision einer solchen Beziehung in der Tat unterstützenswert finden. Die Idee, dass wir Menschen Natur beherrschen, wird in der Studie eher abgelehnt. Aber beruht unser tägliches Handeln nicht vor allem auf dem Paradigma der Naturbeherrschung und -ausbeutung, wenn wir beispielsweise Tiere für unseren Hunger nach Fleisch züchten, einsperren und töten, obwohl dies in unserem Kulturkreis in der Regel nicht nötig ist?

Wenn es um romantische Partnerschaftsbeziehungen innerhalb unserer Spezies geht, gibt es viele Bücher mit Ratschlägen, genauso wie Ratgeber, wie wir unsere Arbeitsbeziehungen kollegial gestalten können. Auch in unserem Instituts-Leitbild heißt es beispielsweise, dass sich unsere Zusammenarbeit durch „(…) ein inspirierendes, motivierendes und durch Gemeinsinn charakterisiertes Arbeitsumfeld sowie eine Organisationskultur, die sich durch Offenheit, Vertrauen, Wertschätzung, Kreativität und Lernen auszeichnet.“ Aspekte wie Wertschätzung oder Gemeinsinn sind auch für eine Mensch-Natur Partnerschaft wichtig. Dabei ist es aber wichtig, dass wir diese Ziele nicht nur formal festlegen, sondern diese mit Leben füllen und wir uns in unserem Alltag jeden Tag für partnerschaftliche Beziehungen engagieren. Wie können wir aber eine wertschätzende Beziehung mit Natur als Gefährtin in unserem täglichen Tun ausdrücken und realisieren?

Diese Frage stelle ich mir nicht nur, wenn ich bei der Arbeit bin. Auch in meinem Sommerurlaub blitzte bei mir diese Frage auf, als ich einen Ausflug in die Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran in Südtirol unternahm. In diesem bunten und von Bergen umgebenen botanischen Garten können Besucher*innen auf 2 Hektar 80 unterschiedliche Gartenlandschaften erkunden. Unsere Sinne ermöglichen uns, die Stimme der Gärten über Düfte und Farben wahrzunehmen. Oder wir lernen über unseren Verstand und erfahren bei dem Besuch der Gärten viele spannende Fakten und Zusammenhänge über die Gärten. Ohne dass ich es geplant hatte, verdichteten sich diese vielen Eindrücke dieses Besuches an einem schwülen Nachmittag im August zu der Frage: Wie kann ich durch die verschiedenen Gärten in der Haltung einer Mensch-Natur Partnerschaft spazieren? Und was lerne ich dadurch für meinen alltäglichen Umgang mit der Natur? Im Sinne einer kommunikativen Verwobenheit mit all den dortigen Pflanzen-, Tier- und Steinwesen bekam ich zahlreiche Informationen auf unterschiedlichen Ebenen: körperlich, geistig und über das Herz. Einige wenige Eindrücke versuche ich in diesem Essay anhand von drei Eigenschaften einer partnerschaftlichen Beziehung mit der Natur wiederzugeben:

 

Mensch-Natur Partnerschaft
1) ist konkret, 2) beruht auf Geben und Nehmen und
3) ist geprägt von Mitgefühl und tiefem Zuhören.

 

Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran


Mensch-Natur Partnerschaft ist konkret – eine körperliche Annährung

Ein wichtiges Grundlagenwerk zum Thema Mensch-Natur Partnerschaft liefert Wouter T. de Groot. In seiner Abhandlung aus dem Jahr 1992 entwickelte er die Idee einer Partnerschaftsethik im Kontext von Mensch-Natur Beziehungen. Ein wichtiger Pfeiler dieser Ethik ist, dass Natur und unsere Beziehung zu ihr konkret und greifbar sind. Damit meint er, dass wir uns für eine partnerschaftliche Beziehung physisch mit Natur auseinander setzen müssen. Die Qualität der Beziehung hängt dabei von der Intensität und dem zeitlichen Umfang unseres Engagements mit der Natur ab. Das heißt, es reicht nicht nur, Naturdokumentationen im Fernsehen anzusehen oder über Natur zu lesen. Vielmehr ist es wichtig, dass wir raus gehen und Natur körperlich erleben. Dafür müssen wir uns aber Zeit nehmen und das machen wir in unserer modernen Gesellschaft immer weniger. Unter dem englischen Begriff „extinction of experience“ (auf Deutsch: das Auslöschen von Erfahrungen) warnen Wissenschaftler*innen, dass wir in unserer modernen Gesellschaft und dabei vor allem Kinder immer seltener in physischen Kontakt mit Natur kommen. Diese Entwicklung hat nicht nur Nachteile auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden, sondern erhöht auch das Risiko, dass unsere Einstellung zur Natur weniger positiv ist und wir weniger gewillt sind, uns für Natur durch ein nachhaltiges Verhalten einzusetzen. Damit konkrete Naturerfahrungen auch Resonanzmomente ermöglichen, geht es aber nicht darum, dass wir im Urlaub Natur als passive Resonanzoasen im Sinne von exotischer Wildnis oder romantischer Berglandschaft aufsuchen, um uns von unserem stressigen Alltag zu erholen. Vielmehr ist unsere moderne Gesellschaft mit der Herausforderung konfrontiert, dass wir in unserem beschleunigten Alltag immer weniger Interaktionen mit Natur haben. Du kannst ja selbst überlegen: Wie oft bist Du in der Natur in einer normalen Arbeitswoche und interagierst dabei bewusst mit ihr? Der Aspekt Zeit wurde auch in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff thematisiert. Vor allem dieses Zitat von Ernst Frestl fand ich als Anregung zum weiteren Nachdenken sehr wertvoll: "Die modernste Form menschlicher Armut ist das Keine-Zeit-Haben."

 

Zeit in einer beschleunigten Gesellschaft – Installation in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff


Während meines Sommerurlaubs habe ich persönlich gemerkt, wie gut es tut, weniger vor dem Computer zu sitzen und die meiste Zeit draußen in der Natur zu sein. Wie oben beschrieben geht es in einer partnerschaftlichen Naturbeziehung aber nicht nur darum, dass wir uns Zeit für einander nehmen, sondern auch um die Intensität unseres Kontakts. Diesen Gedanken nahm ich als Inspiration, die Gärten barfuß zu erkunden. Als Kind war ich viel barfuß in der Natur unterwegs. Aber mit der Zeit hatte ich wohl vergessen, wie schön es ist, den Boden direkt unter den Füßen zu spüren. Über den direkten Kontakt mit den Füßen nehmen wir nicht nur viel besser die unterschiedliche Beschaffenheit des Bodens wahr, sei es künstliche Beläge, kantige Steine, kühles Wasser oder weiches Gras. Barfußgehen erdet uns, daher wird es auch als Earthing oder Grounding bezeichnet. Vor allem bei einem Job, in dem man viel im Kopf ist, kann diese Erdung sehr wohltuend sein. In der Tat ist Barfußgehen gesund für unsere Psyche und unseren Körper. Es fördert unsere Beziehung zur Natur, indem wir uns über Elektronen mit der Erdoberfläche verbinden, wodurch unser Energieaustausch mit der Erde angekurbelt wird. Barfußgehen verbessert unsere Sauerstoffversorgung und kann Schmerzen und Entzündungen mindern.  Über diese konkrete physische Beziehung gibt uns Natur also viel Gutes. Aber in einer Partnerschaft geht es nicht nur darum, zu nehmen. Wie auch ein Geben in einer Mensch-Natur Partnerschaft aussehen kann, beleuchte ich im nächsten Abschnitt.

 

Barfuß unterwegs in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff


Mensch-Natur Partnerschaft beruht auf Geben und Nehmen – eine kognitive Erörterung

Nach Wouter T. de Groot ist Reziprozität ein zentraler Wert für eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Mensch und Natur. Ein Geben und Nehmen unterstreicht dabei die Notwendigkeit, dass wir nicht nur von Natur nehmen, sondern auch etwas zurückgeben. So wird im Sinne einer guten Partnerschaft auf Augenhöhe gewährleistet, dass Menschen und Natur gleichermaßen gedeihen und ein gutes Leben führen können. Dass wir aufgrund unserer aktuellen Art und Weise zu leben und zu wirtschaften mehr nehmen als zurückgeben, sehen wir sehr anschaulich anhand des sogenannten Earth Overshoot Day. Dieser Tag zeigt an, wann wir Menschen alle ökologischen Ressourcen, welche die Natur uns innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellt, aufgebraucht haben. In Deutschland haben wir diesen Tag im Jahr 2023 bereits am 4. Mai erreicht.

Wie ein Geben und Nehmen im Sinne einer Mensch-Natur Partnerschaft aussehen kann, können wir von der Natur selbst lernen. Eine Inspiration fand ich in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff, als ich dort über die Zusammenarbeit zwischen Blattschneiderameisen und Pilzen lernen konnte. Blattschneiderameisen sind im tropischen Mittel- oder Südamerika zuhause. Im Gegensatz zu den bei uns heimischen Arten sind diese keine Jäger und Sammler. Blattschneiderameisen sind vielmehr Landwirte, die in einer symbiotischen Beziehung mit Pilzen leben. Die Ameisen kultivieren und füttern den Pilz mit Pflanzenteilen und achten darauf, dass Müll und Krankheitserreger den Pilz nicht schaden. Der Pilz, welcher von den Ameisen gehegt und gepflegt wird, verarbeitet dafür die Pflanzenteile weiter, welche den Ameisen dann als Nahrung zur Verfügung stehen.

 

Ein Geben und Nehmen zwischen Blattschneiderameisen und einem Pilz


Diese Verwobenheit des Gebens und Nehmens, welche das Wohlbefinden aller Lebewesen fördert, kann auf das Konzept der Planetaren Gesundheit übertragen werden. Planetare Gesundheit steht für die enge Verwobenheit unserer individuellen menschlichen Gesundheit mit einer gesunden Erde. So brauchen wir beispielsweise reine Luft zum Atmen oder gesunde Habitate, um die Übertragung von Zoonosen zu verhindern. Um auf die Dringlichkeit aufmerksam zu machen, dass wir mit unserer ressourcenintensiven Lebensweise die Gesundheit unseres Planeten und damit der Menschheit ernsthaft bedrohen, fordert der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen mit einem Gutachten im Jahr 2023, dass wir als Gesellschaft sowie die Politik diesen Zusammenhang verstärkt in den Blick nehmen müssen. Ein konkretes Beispiel wie wir unsere Mensch-Natur Partnerschaft im Sinne einer planetaren Gesundheit auf Geben und Nehmen ausrichten können, ist über unsere tägliche Ernährung. Eine Planetary Health Diet fokussiert dabei auf eine starke Reduktion tierischer und zuckerhaltiger Lebensmittel und empfiehlt eine Verdoppelung des Konsums von Obst und Gemüse sowie Hülsenfrüchten und Nüssen. Diese Art der Ernährung tut nicht nur uns gut, sondern auch der Erde, da wir weniger Ressourcen verbrauchen und Tierleben retten. Wenn wir unser Gemüse und Obst dann auch gleich selbst anbauen, wie es auch in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff vorgeschlagen wird, können wir gleichzeitig unsere physische Mensch-Natur Partnerschaft nähren und neben unserer Füße auch die Hände mit dem Boden verbinden.

 

Naturgarten für eine Planetary Health Diet


Mensch-Natur Partnerschaft ist geprägt von Mitgefühl und tiefem Zuhören – eine Exploration mit dem Herzen

Um individuelle Resonanz mit der Natur zu erfahren, müssen wir offen sein. Offen, um uns von ihr berühren zu lassen und sie mit ihrer eigenen Stimme sprechen zu hören. Mitgefühl gegenüber der Entität, mit welcher wir uns verbinden und dessen Stimme wir wahrhaftig hören wollen, sind daher wichtige Hebelpunkte für Resonanz. Dabei geht es nicht im Sinne einer narzisstischen Empathie darum, unsere eigenen Wünsche und Gedanken auf Natur zu projizieren, um uns selbst darin zu finden. Vielmehr sollten wir uns darin üben, Natur absichtslos und tief zuzuhören. Auch während meines Spaziergangs in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff reagierte ich bei einigen Abschnitten mit Mitgefühl und hatte unweigerlich den Wunsch, nichtmenschlicher Natur tief zuzuhören. Dies geschah vor allem, wenn ich Tieren begegnete, die eingesperrt waren, sodass wir Menschen sie beobachten können, ohne dass diese die Möglichkeit haben, unseren neugierigen Blicken auszuweichen. 

Beispielsweise konnten eine Echse in einem Terrarium oder Vögel in einer Vogelvoliere beobachtet werden. Auf der einen Seite wäre zu hinterfragen, inwiefern wir Menschen das Recht haben, anderen Lebewesen die Freiheit zu rauben, indem wir sie einsperren. Auf der anderen Seite können wir diese Situation aus dem Blickwinkel des Mitgefühls betrachten. So argumentiert auch die Wissenschaftlerin und Aktivistin Lori Gruen in ihrem Buch "Entangled Empathy", dass wir uns weniger in Debatten zu Tierrechten verlieren sollten. Vielmehr sollten wir unsere Beziehung zu Tieren so gestalten, dass wir einfühlsam mit ihnen umgehen und dabei ihre Bedürfnisse, Interessen und Wünsche berücksichtigen. Die Vögel oder die Echse können mir zwar nicht wörtlich mitteilen, was ihre Bedürfnisse sind. Wenn ich aber ihre fehlende Freiheit mit einer romantischen Paarbeziehung vergleiche, wäre diese ungesund, wenn wir unsere Partner*innen ihrer physischen Freiheit berauben. Zoos oder Tierparks können daher als Gefängnisse für Tiere betrachtet werden und es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, wie diese Gefangenschaft Tiere krank macht und verfrüht sterben lässt. Da aktuelle Studien in Frage stellen, inwiefern Zoos zum Artenschutz oder zur Bildung beitragen, fordert PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) eine Abschaffung solcher Einrichtungen.

 

Ist es der Wunsch der Echse, in diesem Terrarium zu leben?


Nicht nur bei Betrachtung der Tiere übte ich mich in Mitgefühl. Die Vision der Mensch-Natur Partnerschaft im botanischen Garten mit dem Herzen zu erkunden, lies mich auch auf Pflanzen aufmerksam werden. Ich versuchte Wollemia nobilis zuzuhören. Eine Nadelbaumart, die mit den Dinosauriern vor 65 Millionen Jahren ausgestorben geglaubt war und 1994 in Australien zufällig wieder entdeckt wurde. Was kann dieser Baum erzählen, was er schon alles erlebt und gefühlt hat? Was können wir aus seiner millionenalten Geschichte lernen? Auch lies mich dieses Mitgefühl fragen, ob die Pflanzen, zu denen ich mich hingezogen fühlte, wirklich möchten, dass ich sie berühre? Berührung ist eine essentielle Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren können. Berührung kann heilend sein. Wenn wir jemanden gegen dessen Willen berühren, kann Berührung aber auch übergriffig und verletzend sein. Katzen oder Hunde können direkt durch Knurren, Kratzen oder Beißen ausdrücken, wenn sie nicht berührt werden wollen. Pflanzen können dies in der Regel nicht. All diese Beispiele, wie ich mit meinem Herzen eine Beziehung zu den Pflanzen aufbaute, sind keine rein vom Verstand geleiteten Formen der Kommunikation. Vielmehr entstand eine spirituelle Beziehung zur Natur und den Pflanzenwesen. Diese zu erforschen kann dabei Hand in Hand mit naturwissenschaftlichen Methoden gehen. Einen inspirierenden Ansatz liefert dazu die Pflanzenbiologin Monica Gagliano. So findet man in ihrem Buch “Thus Spoke the Plant - A Remarkable Journey of Groundbreaking Scientific Discoveries and Personal Encounters with Plants” eine Sammlung von Geschichten, die sie zusammen mit und im Namen der Pflanzen verfasst hat.

 

Ein in 2006 gepflanzter Wollemia nobilias – ein Nadelbaum, der mit den Dinosauriern lebte


Erinnern an das Wesentliche: Liebe, Dankbarkeit und Demut

All diese Eindrücke, die ich in diesem Essay teile, sind nur ein Bruchteil von dem, was ich an diesem Nachmittag lernte, sah und fühlte. Als ich den Essay schrieb, lag der Besuch in den Gärten von Schloss Trauttmansdorff auch schon wieder ein paar Wochen zurück. Was vor allem als Erinnerung an diesen Ausflug blieb, ist meine bewusste Wahrnehmung der Inspiration, Intuition und inhärenten ökologischen Weisheit, die wir alle in uns tragen. Wir müssen uns nur wieder erinnern, wie wir ihre Stimme schwingen lassen und hören können. Ich möchte mich bei allen Naturwesen für diesen besonderen Tag bedanken und hoffe, dass dieser Essay im Sinne des Gebens und Nehmens einen kleinen Beitrag leistet, dass wir Menschen uns wieder liebevoll und mit Respekt mit Dir Natur als Gefährtin auf Augenhöhe begegnen und wir uns dabei auch in Demut üben, dass wir bei all den wichtigen Fragen und Aufgaben eines nachhaltigen Wandels nur ein Tropfen im Meer sind. 

 

Liebe – ein Grundpfeiler für eine gesunde Partnerschaft


Autorin: Martina Artmann


Wenn Du weitere Anmerkungen oder Fragen zum Essay hast, bist Du herzlich eingeladen, die Autorin zu kontaktieren (m.artmannioer@ioer.de).



2024

Februar

Mit Freude geben und nehmen – Impulse von Robin Wall Kimmerer über eine positive Partnerschaft mit der Natur

Januar

"Und wie sieht deine Welt aus?"
Gesellschaftliche Formierungen von Weltbildern und ihre Wandelbarkeit dank psychischer Flexibilität.
Plus: abschließende Tipps von Maude


2023

Dezember

Indigene Weltanschauungen als ernstzunehmende Utopie? – Über den Wandel von Weltbildern und das, was wir als Weltgemeinschaft von indigenen Weltanschauungen lernen können

Oktober

Natur auf Augenhöhe begegnen – ein explorativer Spaziergang durch die Gärten von Schloss Trauttmansdorff in Meran

Juni

Mit dem Herzen schauen – Über individuelle Mensch-Natur-Resonanz, ein gemeinsames Dilemma mit Antoine de Saint-Exupéry sowie eine nachhaltigkeitsbezogene Erklärung an die Leser*innen

Patagonien – ein Ort für resonante Beziehungen?

Mai

Demut vor der Unverfügbarkeit des Schlafes – Über Zyklen, Schlafrituale und Mutter Erde

Februar

Wo ist die Liebe?
Skizzen der Verwunderung, des Selbstmitgefühls und eines Mutmachers angesichts multipler Krisen


2022

November

Der Natur unsere Stimme leihen – im Rollenspiel auf der Suche nach Partnerschaften mit der Natur

Oktober

Von Krise zu Resonanz: ein Sommerkino

September

Ein Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit in Zeiten der Ohnmacht.
Sorge um die Natur in der Stadt.

Juli

Die Unverfügbarkeit einer eigenen Stimme. Was will Amos wirklich "sagen"?

Juni

Flötenspiel (1940) von Hermann Hesse: eine resonanzspezifische Analyse und Einbettung in den Nachhaltigkeitskontext

Mai

Erste Erkenntnisse zu urbanen Mensch-Lebensmittel-Beziehungen durch die Interaktion mit Stadtbewohner*innen in Dresden

In mir ‒ in uns

März

Responsive Beziehungen:
Das Wunder der Verletzlichkeit

Januar

Liebende Seelen – liebende Herzen


2021

Dezember

Christmas ‒ eating in the spirit of the feast of love?

Nurturing our relation with nature and ourselves in the dark season